4. July 2019

Bloß kein Risiko

Wie wir die menschliche Neigung zum 0-Risiko für den Verkauf nutzen können

Wiebke Oehlschläger

Wiebke Oehlschläger

Content Manager

Wir Menschen lieben die Sicherheit. Natürlich, schließlich ist das überlebenswichtig. Doch nicht nur in potenziellen Gefahrensituationen, auch sonst scheuen wir in der Regel das Risiko und setzen alles daran, Gefährdungen jeglicher Art zu vermeiden. 

Doch was hat das mit Kaufentscheidungsprozessen zu tun und wie können Unternehmen diese Neigung nutzen? Das soll dieser Artikel klären.

Der Zero-Risk-Bias

Unsere Neigung zum Null-Risiko wird in der Psychologie Zero-Risk-Bias, also Null-Risiko-Verzerrung, genannt. 

Moment mal, Verzerrung?

Richtig gelesen. Unser Gehirn ist nicht immer rational, gerade bei der Wahrnehmung von Risiken kommt es zu einer kognitiven Verzerrung: Zero-Risk Bias bedeutet, dass Risiken falsch eingeschätzt werden. So wird lieber ein sehr geringes Risiko komplett eliminiert, als dass eine deutlich größere Bedrohung weniger gefährlich gemacht wird.

Wir fixieren uns so sehr auf die Beseitigung von Kleinigkeiten, dass wir es verpassen, das Optimum für die Gesamtsituation herauszuholen.

Das ist typisch für kognitive Verzerrungen: Sie verursachen systematische Abweichungen vom “gesunden Menschenverstand” oder einem guten, ausgewogenen Urteil. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass es dadurch zu wenig sinnvollen Handlungen kommt.

Diese kognitive Verzerrung kann uns teuer zu stehen kommen!

Bereits 1987 wurde von Kip Viscusi & Kollegen der Northwestern University in Greensboro, North Carolina, ein spannendes Experiment durchgeführt:

Man stellte Passanten, die aus dem Baumarkt kamen, einen WC Reiniger vor und nannte im gleichen Atemzug Risiken, die von der Nutzung ausgehen: 5 von 1.000 Verbrauchern würden sich demnach an den Gasen vergifteten, weitere 15 von 1.000 zögen sich Augenverletzungen zu. Anschließend wurden die Passanten gefragt, wie viel sie mehr für das Reinigungsmittel zu zahlen bereit wären, um die Risiken zu minimieren oder ganz zu beseitigen. 

Das Ergebnis: Die Leute waren bereit, 65 Cent mehr zu bezahlen, um die Gefahr um ⅓ auf 10:1.000 zu senken. Um das Risiko noch einmal auf 5:1.000 zu senken, würden sie weitere 19 Cent bezahlen. Nun kommt die Überraschung: Um das Risiko gänzlich zu beseitigen, würden sie sogar noch einmal 83 Cent mehr bezahlen. Das ist unverhältnismäßig viel!

WC Reiniger

WC Reiniger-Experiment: Wie viel würden Sie extra zahlen, um Risiko zu eliminieren?

Oder, ein anderes Beispiel aus der Finanzwelt:

Die meisten Menschen legen ihr Erspartes aufs Sparbuch, weil sie das als sicher gelehrt bekamen. Dafür entgeht ihnen jedoch viel Anlagerendite, die das Ersparte enorm vermehren würde - jedoch ein gewisses Risiko bergen.

Noch schlimmer: Menschen glauben Scharlatanen und Betrügern, die ein “risikoloses Vorhaben” versprechen (was es einfach nicht gibt). Aber auch, wenn ehrliche Berater eine Anlage als “praktisch sicher” bezeichnen, ignorieren die Menschen das Wort “praktisch” und blenden das Restrisiko aus. Doch zum Thema Formulierungen später.

Widmen wir uns erst einmal der Frage, warum die meisten Menschen so irrational handeln.

So funktioniert die Null-Risiko-Verzerrung

Es gibt zwei Ursachen für diese sonderliche Verhalten:

Zum Einen verfügen wir nur über eine begrenzte Gedanken-Kapazität. Das Gehirn möchte Risiken beseitigen, um sie abhaken zu können. Themen, die nicht abgeschlossen sind, verursachen Stress - durch den sinnbildlichen Haken hinter der Sache wird also Energie gespart und es werden kognitive Ressourcen für andere Dinge freigegeben.

Zum Anderen können wir meistens einfach nicht gut rechnen. Kleine Wahrscheinlichkeiten sind nur schwer einschätzbar. Was die Hälfte oder ein Viertel, vielleicht sogar was ein Drittel sind, können wir uns ja noch Vorstellen. Aber wie viel sind denn 15 von 1.000? Auch ich gehöre zu den Menschen, die nicht rechenfähig und ohne Taschenrechner aufgeschmissen sind. Aber wer rechnet denn schon ständig nach?

Fassen wir also noch einmal zusammen:

Nehmen wir kein Risiko (mehr) wahr, so 

  • können wir die Sache gedanklich abhaken und müssen keine weitere Gedanken daran verschwenden.
  • fühlen wir uns sicher und motiviert.

Die Gefahr dabei ist nur, dass wir zu viel Geld ausgeben (oder andere übermäßige Anstrengungen auf uns nehmen), um geringe Restrisiken zu eliminieren, statt den Aufwand sinnstiftender an anderer Stelle zu betreiben.

Nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist kein Weg bekannt, den Zero-Risk-Bias zu umgehen. Das einzige was man tun kann ist, sich klarzumachen, dass es keine komplette Sicherheit gibt und es sich nicht lohnt, um ein Nullrisiko zu kämpfen. 

Soweit sollte der Zero-Risk-Bias nun verständlich sein. 

Doch wie nutzen wir dieses Wissen nun, um unseren Verkauf zu fördern?

Verkaufsförderung durch Risikominimierung in drei Schritten 

Im Alltag gibt es immer Risiken, egal wohin man sieht. Das ist aber überhaupt nicht schlimm, sondern absolut normal - hauptsache, wir wissen die Risiken zu minimieren und mit ihnen umzugehen. 

Auch Ihr Produkt / Ihre Dienstleistung wird Risiken bergen! Wenn vielleicht auch nur kleine. 

Dagegen kann man nichts machen? Weit gefehlt!

Unternehmer sein heißt, etwas zu unternehmen! 

Um die Kaufentscheidung Ihrer Interessenten in die richtige Richtung zu beeinflussen, sollten Sie folgende drei Schritte befolgen:

Schritt 1: Evaluation

Versetzen Sie sich in Ihre Zielgruppe(n). (Sie haben doch eine/welche definiert? Andernfalls können Sie hier nachlesen, wie Sie Ihre Zielgruppe bestimmen

Was geht in deren Köpfen vor? Beschäftigen Sie sich mit den psychologischen Denkmustern und überlegen Sie, worauf Sie eingehen müssen. Was ist Ihren Kunden besonders wichtig? Welche Möglichkeiten gibt es, dass diese Wünsche nicht erfüllt werden können? Was könnte schlimmstenfalls passieren?

Erstellen Sie eine Liste mit allen identifizierten Risiken.

Schritt 2: Priorisierung & Minimierung

Jedes einzelne Risiko verlangt Aufmerksamkeit vom Gehirn. Sehen Sie sich Ihre Risiken-Liste an und überlegen Sie, welches Risiko am größten ist und sortieren Sie Ihre Ergebnisse nach Relevanz. 

Überlegen Sie im gleichen Zug auch, ob Sie das eine oder andere Risiko vielleicht minimieren oder gar beseitigen können.

Am Ende stehen dann die (annähernd) risikofreien Eigenschaften Ihres Produkts / Ihrer Dienstleistung. Diese sollten Sie auch unbedingt hervorheben! Ist Ihr Produkt gut für die Umwelt? Ökologisch hergestellt? Vegan, glutenfrei, ohne künstliche Farbstoffe, etc.? Wird nach dem Kauf sofort geliefert? 

Der psychologische “Kniff”: Wird das eliminierte Risiko in den Fokus gerückt, sind die Interessenten so froh darüber, ein Problem los zu sein, dass sie gar nicht mehr großartig über weitere Risiken nachdenken.

Das beste Beispiel bieten hier Lebensmittel: Die Entfernung eines ungesunden Stoffes sorgt noch lange nicht für ein gesundes Nahrungsmittel. Fettreduzierte Artikel enthalten oft viel Zucker. Oder zuckerfreie Lebensmittel enthalten zumeist Süßstoffe, die ebenfalls umstritten sind. Dennoch werden diese Eigenschaften “fettreduziert” bzw. “ohne Zucker” besonders hervorgehoben. Das suggeriert dem Verbraucher, dass er ein “gesundes” Nahrungsmittel konsumiert und alles weitere wird nicht mehr bedacht. 

Schritt 3: Risiken ansprechen und Lösungen anbieten

Mit Hilfe Ihrer Liste können Sie nun überblicken, welche Risiken bestehen.

Seien Sie mutig und sprechen ruhig ein Risiko an! Im Grunde weiß jeder, dass nichts auf der Welt wirklich ohne Risiken ist. Sie werden den Konsumenten also nicht überraschen oder verschrecken. Ganz im Gegenteil! Der Vorteil der direkten Benennung eines Risikos: Sie rücken nur das eine in den Vordergrund, die weiteren werden ausgeblendet. 

Noch besser ist es natürlich, wenn Sie auch gleich eine Lösung anbieten können: “Was tun im Krankheitsfall?” oder “Was, wenn mir das Produkt nicht gefällt?” 

Solche Lösungen könnten sein:

  • Geld-Zurück-Garantie: Hat der Kunde die Option, sein Geld bei Nichtgefallen zurück zu erhalten, schafft das Vertrauen. Schließlich sind Sie so sehr von Ihrem Produkt/Ihrer Dienstleistung überzeugt, dass SIE das Risiko eingehen, Geld zurückzuzahlen. Und keine Sorge: Nur die wenigsten nutzen diese Garantie auch tatsächlich. Voraussetzung: Diese Garantie muss an Bedingungen geknüpft und sollte zeitlich beschränkt sein. 
  • verlängerte Rückgabefristen: Die gesetzliche Rückgabefrist im Online-Handel beträgt 14 Tage. Nehmen Sie auch hier Ihren potenziellen Kunden die Angst und verlängern Sie die Rückgabefristen (Amazon hat z. B. 30 Tage).
  • Garantie: Geben Sie eine Garantie auf Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung. Auch das nimmt Ängste beim Verbraucher. 
  • Kostenloser Versand & Retoure: Mit dieser Maßnahme triggern Sie gleich doppelt: Zum Einen wird auf den Geiz abgezielt (schließlich will man immer das günstigste, und wenn man am Versand sparen kann, ist das schon ein kleines Kaufargument). Zum Anderen versichern Sie dem Kunden zugleich, dass eine Rücksendung unproblematisch, kostenfrei und deshalb sehr risikoarm ist.
  • Voraussichtlichen Liefertermin nennen: So kann der Interessent abschätzen, wann er mit der Ware (ob nun Download-Produkt, richtige Ware, Rückmeldung bei Dienstleistungen etc.) rechnen kann und sich darauf einstellen.
  • Rundum-Sorglos-Pakete: Durch solche Angebote wird dem Kunden alles abgenommen, er muss sich um nichts kümmern und bekommt alles “auf dem Silbertablett” serviert - er bekommt sozusagen eine Eliminierung jedes Risikos. Und wie die Experimente bewiesen haben, ist das den Menschen zusätzliches Geld wert.
  • Bequeme Bezahlweisen anbieten & voranstellen: Zahlungsarten wie Lastschrift oder Bankeinzug sind nicht sonderlich beliebt. Bieten Sie deshalb unbedingt auch  Paypal, Ratenzahlungen u. ä. oder auch Zahlung auf Rechnung (das geht auch eingeschränkt, z. B. nur für Mitglieder) an und stellen Sie diese voran. So sieht der Kunde sofort seine favorisierten Zahlungsarten, fühlt sich verstanden und es nimmt ihm die Angst vor komplizierten Bezahlungsvorgängen.
  • Kundenrezensionen nutzen: Laut einer aktuellen Studie von Capterra (https://www.capterra.com.de/blog/687/online-bewertungen-in-deutschland) lesen sich 74 % aller Käufer vor dem Kauf Online-Bewertungen zu dem Produkt durch und vertrauen diesen Urteilen mehr als Empfehlungen von Freunden. 
  • Produktbeschreibungen & große Bilder: Beschreiben Sie Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung ausführlich und detailliert. Nutzen Sie bei Produkten zudem aussagekräftige Bilder, die sich ggf. sogar noch vom Interessenten vergrößern lassen. So bekommt er einen guten ersten Eindruck und kann sich (im wahrsten Sinne des Wortes) ein Bild machen.

Doch nicht nur das Angebot diverser Lösungen beeinflusst die Kaufentscheidung - auch die Formulierungen spielen eine erhebliche Rolle.

Eine Frage der Formulierung: Halb voll oder halb leer?

Die Art zu formulieren hat einen enormen Einfluss auf das Denken und Handeln. Positive Formulierungen geben ein besseres Gefühl und motivieren. Negative Formulierungen bewirken das Gegenteil, wirken zudem auch oft unhöflich und spiegeln Schwäche wieder.

Das wissen Sie sicherlich schon. Nun kommt das ABER:

Angst ist eine Triebfeder. Wenn Sie die richtigen Knöpfe und Schalter in den Köpfen Ihrer Zielgruppe aktivieren, können Sie so den Verkauf fördern.

Eine steile These?

Beginnen wir gleich mit einem Beispiel. Stellen Sie sich folgende Situationen vor: 

  1. Sie erhalten von mir einen 100 Euro Schein und ich werfe dann eine Münze. Bleibt die Münze mit der Zahl nach oben liegen, geben Sie mir den Geldschein wieder zurück, ansonsten können Sie den Geldschein behalten.
  2. Ich werfe eine Münze. Wenn diese mit der Zahl nach unten liegen bleibt, erhalten Sie 100 Euro von mir.

Welche der beiden Varianten würden Sie wählen?

Geldgewinn

Münzwurf: 50:50 Chance

Rein logisch gesehen wäre es völlig egal, wofür Sie sich entscheiden. Beide Möglichkeiten bieten eine 50:50 Chance auf den Gewinn von 100 Euro. Dennoch entscheiden sich die meisten Menschen für die zweite Möglichkeit! Sie sehen hier eher die Chance, etwas mit Null Risiko zu gewinnen. Die Formulierung der ersten Situation erweckt jedoch das Gefühl, etwas zu verlieren.

Verlieren will keiner! Außer vielleicht Gewicht, aber das ist ein anderes Thema.

Das Spiel mit den Verlustängsten

Ein Verlust stellt in unserer Wahrnehmung ein sehr großes Risiko dar. 

Nutzen Sie das Wissen!

  1. “Wenn Sie das Produkt nicht kaufen, werden Ihnen tausende Euro durch die Lappen gehen!”
  2. “Mit diesem Produkt werden Sie tausende Euro verdienen.”

Die meisten Leute würden eher auf die erste Aussage anspringen: Hier werden Verlustängste geschürt, jedoch auch gleich eine Lösung angeboten (das Produkt). 

Die zweite Aussage ist auch sehr stark, schließlich verspricht sie einen Gewinn - jedoch ist jedem klar, dass der nicht garantiert ist. Wie wir bereits gelernt haben, wiegt die Angst vor dem Verlust mehr als die Risikofreude.

Übrigens haben verschiedene Studien belegt, dass Menschen auch eher bereit sind zu helfen, wenn sie einen Verlust verhindern statt einen Gewinn ermöglichen. 

Machen Sie den Selbsttest: Würden Sie einem Schüler eher Nachhilfeunterricht geben, damit er seine Prüfung besteht - oder lieber, damit er nicht durch die Prüfung fällt? Oder möchten Sie mit einer Spende (egal ob finanzielle oder physische) ein Leben retten oder lieber jemanden vor dem sicheren Tod bewahren? 

Zugegeben, es ist gar nicht so einfach, den richtigen Ton zu finden. Natürlich sollten Sie Ihren Hauptfokus auf die Chancen und Stärken legen, statt sich auf negative Eigenschaften zu konzentrieren. Jedoch sollten Sie, wenn Sie erfolgreich sein möchte, die Ängste der Kunden etwas triggern, damit die Lösung umso attraktiver wirkt.

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